Eine kleine Gemeinde wie Gundelfingen kann das Problem der Wohnungsnot nicht lösen, indem sie ihre äußerst knappen natürlichen Flächen versiegelt. Nägelesee-Nord wird Menschen aus Freiburg und anderswoher anziehen, die sich das teure Wohnen leisten können. Wenn dann alle Häuser und Wohnungen verkauft sind, stehen wir wieder vor demselben Problem: Junge Familien mit Kindern wissen nicht wohin, und Menschen, deren Kinder aus dem Haus sind, können nicht in eine kleinere Wohnung ziehen, weil Kaufpreise und Mieten für sie völlig unerschwinglich sind. 

Jede neugebaute Wohnung treibt den Mietspiegel weiter in die Höhe und gefährdet so den noch bezahlbaren Altbestand. Bislang gibt es in Gundelfingen kein Innenkataster, das aufzeigt, wo es Leerstand gibt und welche Wohnungen zweckentfremdet sind. Es soll kostbarer Boden verbaut werden, bevor überhaupt klar ist, wie Wohnen und Altersstruktur der Bevölkerung miteinander verknüpft sind. Laut Experten steht ein Generationswechsel bevor, so dass eine ganze Reihe an Bestandshäusern und -wohnungen in nächster Zeit zur Verfügung stehen könnten.

Unser Gundelfingen hat zumindest in den Randbereichen noch Natur und Nägelesee-Nord gehört dazu. Das ist ein großes Plus, das uns jetzt verbaut werden soll. Dabei ist es eine Freude zu sehen, wie intensiv der große Spielplatz auf dem Nägelesee-Nord-Areal von vielen Familien genutzt wird. Von Familien ohne eigenen Garten, die gerade in der Corona-Zeit froh sind, einen Treffpunkt für sich und die Kleinsten zu haben. Nägelesee-Nord bietet allen Bewohnern Gundelfingens Nähe zur Natur und Lebensqualität.

Wenn hier gebaut wird, verschwinden zudem wertvolle Ackerflächen unter Beton und Asphalt. Wir haben sehr fruchtbare Böden, die dann unwiederbringlich für unsere Bauern verloren gingen. Auch Ackerland ist inzwischen schwer zu bekommen und der Spekulation ausgesetzt. Aus Gründen der Versorgungssicherheit wird der Anbau direkt vor Ort aber eigentlich von allen politischen Ebenen angestrebt.

Ein Verlust entstünde insbesondere für die Pflanzen- und Tierwelt. Noch leben unter anderem Steinkauz und Lerche als stark bedrohte Arten in der direkten Umgebung, die durch eine Bebauung vertrieben würden. Auch wenn der Wald als wunderbarer Naturraum in der Nähe ist – viele Arten brauchen auch blühende Wiesen und freie Flächen und sind durch den Klimawandel ohnehin schon äußerst gefährdet.

Gerade in unserer Region müssen wir häufiger mit längerer Extremhitze rechnen, die auch für Menschen schwer zu verkraften ist. Flächenversiegelungen – und das sind Baugebiete – erhöhen das Risiko für eine Überhitzung. Gefährdet sind insbesondere Ältere und kleine Kinder. Dabei könnte sich Nägelesee-Nord als Bau-Riegel entpuppen, der eine Durchlüftung des Ortes mit Frischluft aus dem Umland beeinträchtigt.