Die Gemeinde Gundelfingen will durchsetzen, dass hunderte neue Wohnungen im Gebiet Nägelesee-Nord entstehen. Ein Verkehrskonzept soll erst später erstellt werden. Das ist unverantwortlich.

Denn schon jetzt herrscht vielfach Verkehrschaos in der Ortsmitte, und eine Lösung lässt sich nicht mal eben aus dem Hut zaubern. Das Problem betrifft den fließenden Verkehr mit Staus, Lärm und Luftverschmutzung genauso wie parkende Autos, die Bürgersteige und Straßen blockieren. Ständig appelliert die Gemeinde im Amtsblatt an die Disziplin der Autofahrer. Ohne Erfolg.

Immer mehr Autos – viel mehr Verkehr

Wenn 1.000 Neubürger nach Gundelfingen ziehen, kommen mindestens 600 neue Autos ins Dorf. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes waren 2019 in Gundelfingen 6.412 Personenwagen gemeldet, das sind pro 1.000 Einwohner 549 Fahrzeuge. Das heißt, auf jeden hier gemeldeten Menschen – auch auf Babys, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren oder Altenheimbewohner – kommt mehr als ein halbes Auto. Der Bestand an Pkw in Gundelfingen hat bereits in den letzten zehn Jahren um etwa acht Prozent zugenommen.

Keine Lösung für hunderte zusätzlicher Autos in Sicht

Wie das Problem gelöst werden soll, steht in den Sternen.

  • Noch mehr Verkehr auf der Alten Bundesstraße?
  • Ableitung über die Lindenstraße/Vörstetter Straße?
  • Über die Untere und die Waldstraße bei Ausbau des Weiherwegs mit Anbindung an die Wildtalstraße?

Keine diese Lösungen wird Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Und die Gemeinde hüllt sich in Schweigen und versichert lediglich, „ein Konzept werde erarbeitet“.

Öffentlicher Nahverkehr ist in Gundelfingen ausgebremst

Aus Kostengründen hat die Gemeinde den Busverkehr durch Gundelfingen zurückgefahren. Im Rahmen der Bebauung von Nägelesee-Nord soll nun eine stillgelegte Bushaltestelle wieder eröffnet werden. Eine Bushaltestelle. Für ein ganzes Baugebiet. Eine Verlängerung der Straßenbahn können Bürgermeister, Gemeinderat und Verwaltung jetzt ehrlicherweise nicht als Lösung vorführen. Sie ist im Gemeinderat umstritten und würde lange Jahre für Planung und Umsetzung benötigen. Und der Anschluss Gundelfingens an die S-Bahn hat sich rasant verschlechtert, trotz Versprechungen und trotz Protesten des Bürgermeisters.

„Was am Ende dabei herum kommt, hängt aber auch von der Klientel ab, die dort leben wird“

Bürgermeister Raphael Walz

Bürgermeister Walz überlässt die Zukunft der „Klientel“

Den Architekten hat die Gemeinde für ihren Wettbewerb 1,5 Pkw-Stellplätze pro Wohneinheit vorgegeben. Das ist eine längst überholte Verkehrspolitik. Freiburg beispielsweise geht sogar bis auf lediglich 0,6 Stellplätze herunter, um den motorisierten Individualverkehr besser in den Griff zu bekommen. Gundelfingens Bürgermeister Raphael Walz aber lässt jeglichen Ehrgeiz vermissen. In einem Gespräch mit der „Badischen Zeitung“ sagte er, für ein Verkehrskonzept sei es noch zu früh, das wolle die Gemeinde zu einem späteren Zeitpunkt machen. Der Gemeinderat habe sich darauf verständigt, dass ein autoarmes Quartier entstehen solle. „Was am Ende dabei herum kommt, hängt aber auch von der Klientel ab, die dort leben wird“, sagte Walz.

Vollmundige Versprechungen reichen nicht

Die Gemeinde hat kein Verkehrskonzept. Punkt. Sie macht in ihren Publikationen vollmundige Versprechungen, die nicht abgesichert sind. „Es soll…, es soll.., es ist vorstellbar“, heißt es in einem von ihr an alle Haushalte verteilten Flyer zum Verkehr. Das reicht nicht aus. Erst denken. Dann bauen. Das muss in Gundelfingen gewährleistet sein. Nur so können die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden.